Stolpersteine putzen in Regensburg

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Fünf Gruppen von Schülerinnen und Schülern aus den Einrichtungen der ejsa Regensburg putzen im Mai verschiedene der über 270 Stolpersteine in Regensburg. In begleitenden Workshops lernen sie über die Opfer des Nationalsozialismus und helfen damit, die Erinnerung an die Schicksale wachzuhalten.

Die Stolpersteine in Regensburg erzählen von Menschen, die unter dem NS-Regime verfolgt wurden. Den Auftakt der Putzaktion machten die 4. Klasse der Von-der-Tann-Grundschule und die 5. Klasse der Jakob-Muth-Schule. Weitere 5.- und 6.-Klässler der Jakob-Muth-Schule und Kinder der Kreuzschule werden ebenfalls an der an der Aktion teilnehmen. In vorbereitenden Workshops erfuhren die Schülerinnen und Schüler, dass die Idee der Stolpersteine von dem 1947 geborenen Künstler Gunter Demnig stammt – europaweit wurden durch ihn über 100.000 Stolpersteine verlegt.

Kinder setzen sich mit NS-Verfolgung auseinander

Beim Anblick eines Stolpersteins für den Widerstandskämpfer Georg Zaubzer erkannte ein Mädchen der 5. Klasse gleich den Ort: „Dieser Stein ist in der Nähe vom Arnulfsplatz. Das weiß ich, weil da komme ich öfter dran vorbei!“ Auch der Charlotte Brandis Park wurde zum Thema, denn er ist nach einem jüdischen Mädchen benannt. An sie erinnert der Stolperstein in der Maximilianstraße. Susanne Feichtmayer-Arnold von der Stolpersteininitiative erklärte: „Charlotte Brandis ist am Von-Müller-Gymnasium zur Schule gegangen – deshalb wurde der Park daneben nach ihr benannt.“ Die Kinder lernten: Charlotte Brandis war verboten worden, die öffentliche Schule zu besuchen, wie allen jüdischen Kindern.

Erschrocken reagierten die Klassen, als sie erfuhren, dass den Juden damals ebenfalls nicht erlaubt war Hallenbäder zu besuchen, Haustiere zu halten oder Auto zu fahren. Was aber viele schon wussten: Die Juden mussten damals Judensterne tragen, damit sie von allen als solche erkannt wurden. Bei der Führung der 5. Klasse der Jakob-Muth-Schule erläuterte Susanne Feichtmayer-Arnold, die Sprecherin der Stolpersteininitiative, wie es einer Frau aus einer jüdischen Familie erging, als sie sich weigerte den Judenstern zu tragen. Senta Gutmann durfte das Haus nicht mehr verlassen und war auf die Hilfe von Nachbar angewiesen. Ihr Stolperstein in der Oberen Bachgasse, wie auch der vieler anderer, wurde von den Schülerinnen und Schülern geputzt. Jetzt können die Passanten, die durch die Stadt gehen, die Stolpersteine wieder besser erkennen und der Opfer Gedenken.

Gesellschaftspolitische Jugendbildung

Manche der Kinder wussten, dass es am Neupfarrplatz ein Denkmal gibt, das die Form der früheren Synagoge aus dem Mittelalter hat. Am Dani Karavan Denkmal wurde mit einem Teil der Gruppe eine Brotzeitpause eingelegt und die Umrisse der früheren Synagoge näher erkundet. Anschließend besichtigten die Schulklassen die Neue Synagoge. Eine kleine Tora wurde herumgegeben und aus dem Religionsunterricht wussten viele, dass Männer im Judentum eine Kippa tragen. Die Leiterinnen der Stolpersteininitiative gaben Einblicke in die Architektur der Neuen Synagoge, wo die Plätze für die Frauen, wo die für die Männer sind.

Der Workshop thematisierte nicht nur jüdische Opfer. Die Kinder lernten, dass auch Homosexuelle, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas und Menschen mit Behinderungen verfolgt und ermordet wurden. Von der „Aktion T4“, bei der Menschen mit Behinderungen getötet wurden, hatten die Kinder noch nichts gehört. Auch von der Rassenlehre erfuhren die Kinder. „War es nicht total dumm von Hitler, dass er diese Rassenlehre machte?“ brachte es ein Mädchen der 5. Klasse auf den Punkt.

Positive Reaktionen zur Putzaktion

Viele der Passantinnen und Passanten in den Straßen Regensburgs, die die Kinder beim Putzen und Polieren der Stolpersteine sahen, freuten sich über das Engagement. „Das ist so wichtig!“ sagte ein älterer Mann im Vorbeigehen. „Sehr gut!“ rief eine Frau den Kindern zu. Und die Kinder selbst wollten nach der Stolpersteinführung wissen, wann sie das nächste Mal wieder Stolpersteine putzen dürfen.

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Das Bild zeigt eine Gruppe Kinder von oben, wie sie eifrig die Messingplatten am Boden.
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